«Materialien sind nicht Mittel zum Zweck, Materialien haben transformatives Potenzial», liest man im ‹Home Report 2021› der Zukunftsforscherin Oona Horx-Strathern. Haben Materialien wirklich eine verändernde Kraft? Die Autorin legt mit dem Zitat «The Medium ist the Message» des Kommunikationstheoretikers Marshall McLuhan nach: «Forschungen zeigen, dass gewählte Medien oft eine ‹aufrauendere› Botschaft haben als der Inhalt selbst.» Wir fragen uns also konkreter: Kann der
Einsatz von Textilien mit ihrer natürlichen Haptik und Ausstrahlung den Menschen für den sorgsameren Umgang mit der Umwelt sensibilisieren? Philippe Baumann sitzt auf dem roten Stuhl und zeigt lachend auf seine dunkelblaue Hose: «Selbst nachgefärbt! Die Hose hat an Farbe verloren, war ansonsten aber in Form. So habe ich sie am Wochenende neu gefärbt.» Und was für den Einzelnen funktioniert, klappt bei Création Baumann – einer der führenden Marken im Bereich der
funktionalen Textilien – durchaus auch für die Gemeinschaft: So sind es Textilien aus Langenthal, die mit ihrem eleganten Fall in die schier endlosen Vertikalen das Interieur im neuen Sukagawa Community Center tette in Fukushima prägen und in ein angenehmes Licht tauchen. In Workshops mit den Bewohnern der Stadt hat das leitende Ingenieurunternehmen eine Umgebung mit natürlicher Ästhetik und Materialisierung geschaffen, die dem Bild einer besseren Zukunft in der von der Natur-
Philippe Baumann
CEO Création Baumann
und Nuklearkatastrophe gezeichneten Region Farbe und Kraft verleiht. Die leichte Optik und Materialität von Textilien ermöglicht aber auch neue Funktionen im Bereich der Flexibilität und damit der Anpassungsfähigkeit. Gerade in der neuen agilen Büroarchitektur ersetzen Stoffe zunehmend starre Wände und ermöglichen es so, anpassungsfähiger auf den Wandel zu reagieren. Als Raumtrenner unterteilen Textilien bereits mit wenigen Handgriffen eine Fläche in neue Teilbereiche und Formationen. In einer Zeit, in der Unternehmen die langfristigen Perspektiven im professionellen Raum
grundsätzlich neu denken, ermöglichen Stoffe so neue Ausblicke. Materialien geben aber auch Antworten auf Herausforderungen in der Wertschöpfung: Immer mehr Produkte tragen ein C2C-Siegel – eine «Cradle to Cradle»-Zertifizierung – und sind damit bereit für die Kreislaufwirtschaft. Im Textilbereich ermöglichen beispielsweise neue Webtechniken bereits heute die Verbindung von Kunst- und Naturfasern auf eine Weise, die es erlaubt, dass diese sich am Ende der Nutzung wieder trennen und entweder recyceln oder umnutzen lassen. Auch Création
Baumann hat Wege geschaffen, Produkte so herzustellen, dass sie am Ende ihres Nutzungszyklus zurückgenommen und in einen neuen Kreislauf eingebunden werden können. Diese werden mit einem speziellen Rücknahmesiegel versehen, damit Kunden im Alltag überhaupt mit der Idee der Zirkularität auf Tuchfühlung gehen können. «Wir haben uns systematisch mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie auseinandergesetzt und verfolgen zu den zentralsten Pfeilern umfassende Initiativen.
Der entsprechende Nachhaltigkeitsbericht wurde im vergangenen Herbst veröffentlicht, und wir verpflichten uns damit auch zur Einhaltung der angeführten Projekte», bestätigt denn auch CEO Baumann den Vorstoss. Ein wichtiges Unterfangen, zählt die Textilindustrie mit ihren anspruchsvollen Prozessstufen im Bereich von Anbau, Produktion und Veredelung doch zu den besonders energieintensiven Branchen. Umso entscheidender ist es in der Folge, dass auch Qualität und Lebensdauer
ihrer Erzeugnisse noch stärker in den Fokus rücken. «Wir sind uns der Energieintensität bewusst und arbeiten deshalb konsequent an der Klimaverträglichkeit unseres Handelns. Ganz grundlegend bleibt dabei natürlich die Langlebigkeit an sich. Unsere Produkte sind dank ihrer hochwertigen Materialisierung und Verarbeitung oft bis zu 20 Jahre im Einsatz.» Natürlich kann die Textilindustrie als grosses produzierendes Gewerbe mit einer langen Geschichte nicht auf einen Schlag alle ihre
Herausforderungen lösen. Stoff als «Medium» hingegen kann durchaus transformative Potenziale aufzeigen und dadurch eine grosse «Message» tragen. Und erst durch diese Denkweise an sich entfaltet sich echte Veränderung in unserem alltäglichen Verhalten. Vielleicht ist Textil also wirklich ein Botschafter des Wandels oder das Material für einen neuen, anderen Materialismus.
Philippe Baumann
CEO Création Baumann
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